Aktuelles aus dem Institut für Radiologie

Lebensrettende Aorten-Prothetik auf einem neuen Level

Fenestrierte Aortenprothesen erweitern das Leistungsangebot der interventionellen Radiologie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried. Damit können nun auch Aneurysmen, die wegen ihrer Ausdehnung bzw. Lage bisher eine offene Operation erforderlich machten, mittels Stentgraft-Implantation behandelt werden.

Aneurysmen der Bauchaorta treten mit einer Inzidenz von 40 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr auf. Männer sind sechs Mal häufiger betroffen als Frauen. Überschreitet das Aneurysma eine Größe von 5 bis 5,5 cm, steigt das Risiko einer – nach wie vor oftmals tödlichen – Ruptur massiv.

Um das zu verhindern, hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten die endovaskuläre Einsetzung von Stentgrafts als prophylaktische Therapie etabliert. Bestimmte abdominale Aneurysmen können jedoch wegen ihrer iuxta- bzw. suprarenalen Lokalisation nicht mit herkömmlichen Stentgrafts behandelt werden, da bei ihnen die nötige Verankerungszone fehlt. Hier blieb bisher, wenn überhaupt, die offene Bauchoperation die einzige therapeutische Option.


Stentgraft als maßgeschneiderte Einzelanfertigung

In Oberösterreich bietet das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried, als einzige Klinik außerhalb des Zentralraums, in solchen Fällen nun auch die Behandlung mit einer fenestrierten Aortenprothese an (fEVAR – fenestrated endovascular aortic repair). Dabei kommt ein Stentgraft zum Einsatz, der Aussparungen („Fenster“) für die Abgänge einer oder mehrerer Arterien aufweist, die in diesem Bereich von der Aorta abzweigen (Truncus coeliacus, A. mesenterica superior, Aa. renales).

Die anatomische Lage dieser Abgänge ist individuell verschieden. Die Aussparungen müssen jedoch äußerst exakt passen, um die Durchblutung der versorgten Organe nicht zu beeinträchtigen. Daher erfordern fEVAR-Behandlungen eine umfangreiche Vorbereitung: Die Aorta wird mittels CT-Schichtaufnahmen exakt vermessen, und im 3-D-Drucker entsteht ein Modell, ehe der Stentgraft hergestellt wird – jeder einzelne eine Maßanfertigung.

Über Zugänge in den Leistenarterien wird der gefensterte Stentgraft per Katheter millimetergenau in der Aorta platziert. Durch die Öffnungen werden weitere, kleinere Stentgrafts in die abgehenden Arterien gesetzt. „Wir haben in den letzten Monaten bereits zwei Patienten im Alter von 66 und 76 Jahren erfolgreich mit einer fenestrierten Aortenprothese versorgt“, berichtet Prim. Doz. Dr. Claus Kölblinger, der Leiter des Instituts für Radiologie. Insgesamt wurden im Krankenhaus Ried heuer von Jänner bis September bereits 22 Stentgraft-Implantationen in die Aorta durchgeführt.


Patient*innen profitieren von Vorteilen

Mit hoher interventionell-radiologischer Expertise, leistungsfähiger Bildgebung und kompetenter Gefäßchirurgie als Back-Up verfügt das Innviertler Schwerpunktkrankenhaus über die nötigen Voraussetzungen für diesen anspruchsvollen minimal-invasiven Eingriff, der gerade bei älteren bzw. multimorbiden Patient*innen deutliche Vorteile gegenüber der offenen Operation bringt: Der Zugang erfolgt perkutan, es sind keine großen Schnitte notwendig, das bedeutet weniger Schmerzen und kürzere Aufenthaltsdauer. Nicht zuletzt ist die perioperative Mortalität signifikant niedriger.

„Durch dieses Verfahren zur Versorgung von komplexen Aneurysmen können wir unser Leistungsspektrum im interdisziplinären Gefäßzentrums des KH Ried für die Menschen im Innviertel nochmals deutlich erweitern“, unterstreicht Prim. Doz. Kölblinger.